Was haben die deutschen Familienunternehmen HELLA, Birkenstock und Allgaier gemeinsam? Die Eigentümer sind ausgestiegen und haben ihre Anteile verkauft. Viele kapitalkräftige Hedgefonds und Unternehmen aus den USA und China stehen bereit, um die Gunst der Stunde zu nutzen. Der Druck auf den international hoch angesehenen "German Mittelstand" wächst durch die fast seit drei Jahren anhaltenden Krisen. Corona-Lockdowns, quarantänebedingter Personalmangel, Lieferkettenstörungen, Inflation und explodierende Energiepreise setzen dem Mittelstand zu. Die Liquditätsreserven schmelzen, die Eigenkapitaldecke wird dünner. Der Verkauf des Unternehmens ist daher für viele Eigentümer eine ernsthafte Option.
M & A-Berater einbinden
Dabei empfiehlt sich generell die Einbeziehung erfahrener M&A-Berater. Denn der Verkauf eines Unternehmens ist für die wenigsten Mittelständler eine Routineangelegenheit. Mangelnde Professionalität wie eine schlechte Unternehmensbewertung und die Auswahl falscher Kaufkandidaten kann schnell ins Geld gehen. Zu einem guten Verkaufsprozess gehören folgende Phasen.
Phase 1: Vorbereitung
- Erstellen Sie ein aussagefähiges Exposé (Verkaufsmemorandum). Wenn Sie Käufer auch im Ausland suchen, ist eine englische Version ein Muss. Gerade für mittelständische Unternehmen ist diese Phase recht zeitintensiv, da die Daten in der Regel erst mühsam beschafft und aufbereitet werden müssen.
- In der Vorbereitungsphase ist es wichtig, Ihr Unternehmen für Käufer interessant zu gestalten. So kann z. B. die Anpassung der Rechtsform (von der Personengesellschaft in eine GmbH) unter Umständen notwendig sein. Bereinigen Sie auch die Bilanz Ihres Unternehmens von operativ nicht notwendigen Vermögensgegenständen (Fahrzeuge, Immobilien etc.). Schaffen Sie klare Organisations- und Leitungsstrukturen. Zahlen Sie auch Ihre Gesellschafterdarlehen zurück, treiben Sie offene Forderungen ein und löschen Sie komplizierte und langfristige Verbindlichkeiten.
- Bewerten Sie Ihr Unternehmen, um eine Vorstellung vom erzielbaren Verkaufspreis zu erhalten. International hat sich als Standard-Bewertungsverfahren die Discounted-Cash-Flow-Methode durchgesetzt. Danach schätzen Sie die zukünftig in Ihrem Unternehmen erzielten frei verfügbaren Cash-Flows und Zinsen nach der Kapitalwertmethode mit einem Risikozinssatz auf die Gegenwart ab. Der „Multiple“ ist eine einfache Praktikermethode. Multiplizieren Sie einen durchschnittlichen Cash-Flow mit „1/Zinssatz“. Bei 20 % wäre der Multiplikator „5“ (1/0,2).
Phase 2: Ansprache
Die Ansprache von potenziellen Käufern ist die sensibelste Phase. Erstellen Sie zunächst eine Liste der potenziellen Käufer (Long List). Bewerten Sie nun die Kaufkandidaten anhand von Kriterien (z. B. strategische Passung, Kaufkraft, Vertraulichkeit). Erstellen Sie nun eine Liste mit den Unternehmen, die Sie in der ersten Phase ansprechen möchten (Short List). Sprechen Sie auf jeden Fall nicht nur einen potenziellen Käufer an, sondern schaffen Sie eine Wettbewerbssituation. Prüfen Sie zunächst das Interesse und lassen Sie sich eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Erst danach versenden Sie Ihr Verkaufsmemorandum.
Phase 3: Verhandlung und Abschluss
In der dritten Phase kommt es zu intensiven Prüfungen (Due Diligence) und bei Interesse des Kandidaten zu Verhandlungen und zur Unterzeichnung einer Absichtserklärung (Letter of Intent - LOI). Die sorgfältige Prüfung der Ertrags- und Geschäftslage sowie der Jahresabschlüsse dauert drei bis fünf Wochen. Für die Entwicklung eines endgültigen Kaufvertrages und die abschließende Unterzeichnung können Sie nochmals mit bis zu fünf Wochen rechnen.