Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt in Deutschland nach den Zinserhöhungen der letzten Monate und der lahmenden Konjunktur rapide an. So verzeichnete das Statistische Bundesamt im Januar 2024 einen Anstieg der Insolvenzen um 26,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die aktuelle Lage erschwert derzeit zwar den Verkauf von Unternehmen, bietet aber Käufern gute Gelegenheiten. Für Unternehmen, Investoren und Sanierer mit Geld sind Krisenzeiten immer auch günstige Kaufzeiten. Wettbewerber lassen sich so preisgünstig in das eigene Geschäftsportfolio integrieren. Sanierer können Insolvenzfälle günstig kaufen, restrukturieren und mit Gewinn wiederverkaufen. Doch was ist dabei zu beachten?
Voraussetzungen
Der Kauf von insolventen Unternehmen ist nur etwas für erfahrene Profis und Kenner einer Branche. Man muss gut einschätzen können, ob das Geschäftsmodell noch tragfähig ist und die Insolvenz lediglich durch schlechtes Management oder exogene Schocks wie die Corona-Krise herbeigeführt wurde. Die Gläubiger müssen kompromissbereit sein, wenn es um den Verzicht eigener Ansprüche geht. Außerdem sollte eine ausreichende operative Basis mit Produkten, Kunden und Assets vorhanden sein.
Außerdem muss man sich mit den Fallstricken des Insolvenzrechts auskennen. Die Hinzuziehung von erfahrenen Juristen ist daher dringend zu empfehlen. So sollte ein Kauf des angeschlagenen Unternehmens nur aus dem Insolvenzverfahren – und hier am besten nach dem Berichtstermin – angestrebt werden, nicht schon vorher.
Sanierung
- Rechtsform: Zu klären ist, ob die Übernahme als Share Deal oder als Asset Deal umgesetzt wird. Häufig gibt es einen Asset Deal, bei dem die betriebsnotwendigen Vermögenswerte (Assets) an eine neue Auffanggesellschaft des Käufers übertragen wird. Die rechtliche Struktur muss die Sanierung begünstigen.
- Stakeholder: Zentral sind Gespräche mit den wichtigsten Stakeholdern wie Banken, Schlüsselkunden und Arbeitnehmervertretern. Jeder muss auf so viel verzichten, dass die Sanierung erfolgversprechend ist. Die vielfache Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof hat gezeigt, dass auch Städte aus politischen Gründen (z. B. Standortsicherung) wichtige Ansprechpartner sind, die auch vermitteln und mit Fördermitteln unterstützen können.
- Verträge: In der Insolvenz können alle Verträge außerordentlich gekündigt und neu verhandelt werden, z. B. Miet- und Leasingverträge. Sofern noch nicht vorhanden, müssen alle Verträge auf den Tisch und nach Volumen und strategischer Bedeutung gewichtet werden.
- Operative Effizienz: Nun kommt das klassische Handwerkszeug des Sanierers zum Einsatz. Vermögenswerte, die nichts zum Kerngeschäft beitragen, werden verkauft. Nicht wertschöpfende Aktivitäten werden eingestellt. Die Kernprozesse müssen optimiert und die Veränderungsbereitschaft und Kreativität der Mitarbeiter müssen geweckt werden. Denn viele haben gute und schnell umsetzbare Ideen.
- Strategische Neuausrichtung: Wenn sich der operative Nebel in der heißen Phase der Insolvenz lichtet, sind auch strategische Entscheidungen im Hinblick auf Geschäftsmodelle, Produkte, Services und Zielgruppen zu treffen.